Vier unterschätzte Hebel für nachhaltige Lead-Generierung

Wie viel darf ein Lead kosten und welche Maßnahme zur Lead-Generierung lohnt sich?Diese Fragen begegnen uns in Gesprächen mit Marketingverantwortlichen immer wieder. Doch bevor Unternehmen immer größere Budgets für externe Lead-Akquise einplanen, lohnt sich ein Blick auf die eigenen Kanäle: Wo lassen sich mit einfachen Mitteln mehr und qualitativ bessere Leads generieren?

Unsere Beratungsprojekte und die Ergebnisse unserer E-Mail-Marketing-Studie für den E-Commerce 2025 zeigen: Trotz Investitionen in Adresseinkäufe und Paid Media bleiben oft vier entscheidende Potenziale ungenutzt.

Hebel 1: Shop-Opt-In konsequent nutzen – 100 % rechtssichere Opt-Ins aus jedem Kauf

Wer einen Online-Shop betreibt, verfügt bereits über eine der wertvollsten Kontaktquellen überhaupt: die eigenen Käufer:innen. Denn § 7 Abs. 3 UWG erlaubt es Unternehmen ausdrücklich, Kund:innen nach einem Kauf zu werblichen Zwecken per E-Mail zu kontaktieren, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Viele Unternehmen nutzen diese rechtliche Grundlage jedoch nicht konsequent, da sie glauben, Opt-Ins müssten immer aktiv mit einer separaten Checkbox abgefragt und per Double-Opt-In bestätigt werden.

Nach § 7 Abs. 3 UWG dürfen Sie als Unternehmen die E-Mail-Adresse nutzen, die Ihnen im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung mitgeteilt wurde, um für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen zu werben. Voraussetzungen sind:

  • Die Kund:innen haben der Nutzung nicht widersprochen.
  • Sie werden bei der Erhebung der E-Mail-Adresse sowie bei jeder Verwendung klar und deutlich auf ihr jederzeitiges Widerspruchsrecht hingewiesen.
  • Sie werben nur für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen.

Bei korrekter Umsetzung bedeutet das: Jeder Kauf ist automatisch eine rechtssichere Einwilligung für Ihre E-Mail-Kommunikation – ohne zusätzliches Opt-In und ohne Double Opt-In-Prozess. Sie erhalten:

  • 100 % Conversion-Rate: Jede:r Käufer:in ist automatisch für werbliche E-Mails erreichbar.
  • Keine DOI-Verluste: Kein Risiko, dass die Aufforderung zur DOI-Bestätigung im Spam landen oder ignoriert werden.
  • Hochqualifizierte Kontakte: Diese Menschen haben bereits Vertrauen bewiesen und sind an Ihren Angeboten interessiert.
  • Sofortige Nutzbarkeit: Sie können direkt nach dem Kauf mit relevanter Kommunikation starten.

Die Praxis: Verschenktes Potenzial

Unsere Analyse der 1.000 größten deutschen Online-Shops 2025 zeigt, dass rund ein Drittel der Shops im Checkout-Prozess komplett auf Opt-In-Möglichkeiten verzichtet: sei es durch eine Checkbox zur Anmeldung zum Newsletter oder durch einen Hinweis zur E-Mail-Kommunikation nach § 7 Abs. 3 UWG. Dabei ist gerade dieser rechtlich saubere Weg eine der wertvollsten Leadquellen.
Die Umsetzung ist nicht aufwendig: Platzieren Sie auf der Seite, auf der Sie die E-Mail-Adresse abfragen, einen gut sichtbaren Hinweis, zum Beispiel: „Nach Ihrem Kauf informieren wir Sie per E-Mail über ähnliche Produkte und Angebote aus unserem Sortiment. Sie können dem jederzeit widersprechen.“ In Ihrem E-Mail-Marketing-System müssen Sie in Folge definieren, wie Sie mit Kontakten, die sich „normal“ für Ihre Newsletter anmelden und mit Shop-Kontakten verfahren wollen. Die Kommunikationsstrecken für Shop-Kontakte sollten gut geplant und durchdacht sein. Achten Sie darauf, den Kontakten nur eigene und ähnliche Angebote zu senden, und geben Sie z. B. im Footer transparent Auskunft darüber, auf welcher Einwilligungsgrundlage die E-Mails versendet werden.

Wichtig für B2B-Shops: § 7 Abs. 3 UWG gilt sowohl im B2C- als auch im B2B-Bereich. Ob Sie Dienstleistungen, Verbrauchsmaterialien, Maschinen oder Softwarelizenzen verkaufen – jeder Kauf ist eine Chance für eine langfristige Kundenbindung durch relevante E-Mail-Kommunikation.

Hebel 2: Smart zielen statt Dauerfeuer

Viele Online-Shops locken Newsletter-Abonnent:innen mit Rabatten: „Jetzt Newsletter abonnieren und 10 %sparen." Die Konversions-Raten solcher Welcome-Rabatt-Kampagnen sind gut. Doch das eigentliche Ziel, Kontakte mit dauerhaft nutzbarer Werbeeinwilligung für das Lifecycle-Marketing zu gewinnen, wird häufig verfehlt. Denn viele dieser Empfänger:innen melden sich nach dem ersten Kauf wieder ab, sobald sie den ersten regulären Newsletter erhalten.

Das Problem: Falsche Erwartungen und falsches Timing

Die Ursache liegt selten an mangelndem Interesse,sondern in zwei Faktoren:

  1. Viele Unternehmen starten unmittelbar nach der Anmeldung mit Angeboten für den nächsten Kauf, obwohl das Abonnement häufig zeitgleich mit einem Kauf abgeschlossen wurde. Es ist schlichtweg unsinnig, Kund:innen zum Wiederkauf zu drängen, bevor die Ware überhaupt angekommen ist oder erstmals genutzt wurde.
  2. Fehlende Relevanz: Die Kommunikation berücksichtigt weder den individuellen Wiederkauf-Rhythmus noch passende Anschlussprodukte.

Die Lösung: Individuelle Welcome-Journeys mit durchdachtem Timing entlang des Kundenlebenszyklus. Unterscheiden Sie unbedingt zwischen Neu-Abonnent:innen, die bereits gekauft haben, und solchen, die noch nicht gekauft haben. Leads erhalten attraktive Angebote und Anreize zum Erstkauf, während Kund:innen, die bereits gekauft haben, hilfreiche Tipps zur optimalen Nutzung des erworbenen Produkts erhalten und mehr über Services und beispielsweise Herstellungsprozesse erfahren. Die weiteren Mailings der Welcome-Journey bieten Inspiration und Anwendungsbeispiele sowie Einblicke in die Marke, ihre Alleinstellungsmerkmale, Magazin-Content und den Kundenservice.

Nutzen Sie die Willkommensstrecke gezielt, um mehr über Ihre Kontakte zu erfahren, indem Sie auswerten, welche Produktkategorien und Service-Links angeklickt werden. Eine Auswertung der Link-Profile ist oft aussagekräftiger als Interessensbekundungen im Preference-Center.

Erst nach Durchlaufen der Willkommensstrecke sollten Empfänger:innen die reguläre Newsletter-Kommunikation erhalten. Ergänzen Sie diese durch gezielte Erst-zu-Zweitkauf-Strecken. Analysieren Sie dazu Ihre Kundendaten und Warenkörbe, um typische Wiederkaufzyklen zu identifizieren. Erst wenn der abgeleitete Wiederkauf-Zeitpunkt näher rückt, sollten Sie mit Angeboten für den Zweitkauf starten und die Kontakte vom Newsletter ausschließen, während sie sich in diesen Kampagnen-Journeys befinden. Bewerben Sie dabei anschlussfähige Produkte. Sie können beispielsweise Nachkauf-Kampagnen („Replenishment“) einsetzen, die an die rechtzeitige Wiederbeschaffung von Verbrauchsgütern erinnern („Shampoo leer? Zeit für eine neue Bestellung“). Bei Gebrauchsgütern: Fokussieren Sie sich auf sinnvolle Cross-Selling-Kampagnen mit ähnlichen oder ergänzenden Produkten.

Hebel 3: Opt-In-Verluste minimieren – Confirmed Opt-In als Alternative prüfen

Wie viele Opt-Ins verlieren Sie täglich, obwohl die Kontakte Ihren Newsletter aktiv angefordert haben? Bei vielen Unternehmen liegt die Double-Opt-In-Bestätigungsrate bei nur 45 bis 70 %. Im Umkehrschluss bedeutet das: 30 bis 55 % aller Interessent:innen, die sich für Ihren Newsletter anmelden wollten, bestätigen ihre Anmeldung nie, weil sie die Bestätigungsmail als irrelevant betrachten („Ich habe mich doch schon angemeldet.“), sie im Spam-Ordner landen oder sie übersehen wird.

Die rechtliche Alternative: Confirmed Opt-In (COI)

Zwar gilt Double Opt-In (DOI) als die sicherste Variante, doch wie wir in unserem Blogpost „14 Mythen, wann man wem Werbe-E-Mails schicken darf - und wann nicht” erläutern, verringert es das praktische Rechtsrisiko in den meisten Business-Szenarien nicht. In vielen Fällen können Werbetreibende getrost auf Confirmed Opt-In (COI) setzen, das deutlich höhere Conversion-Raten ermöglicht. Die Anmeldung wird direkt gespeichert und genutzt. Eine Bestätigungsmail wird verschickt, eine Aktivierung ist aber nicht notwendig. Je nach Zielgruppe und Kontext können Sie Ihr Verteiler-Wachstum um 20 bis 70 % steigern.

Wann ist Confirmed Opt-In sinnvoll?

Sie sollten auf Confirmed Opt-In umstellen, wenn das Risiko von Fake-Anmeldungen gering ist. Wenn Sie die Identität des Abonnenten beim E-Mail-Abonnement bereits anderweitig verifizieren, etwa indem die Anmeldung in einem geschützten Kundenbereich erfolgt oder parallel ein Kundenkonto eingerichtet wird, ist ein Double Opt-In kontraintuitiv und überflüssig.
In unserem Blogbeitrag "Angst essen Liste auf" erläutern wir die Unterschiede ausführlich und zeigen, wann welches Verfahren sinnvoll ist.

Hebel 4: Content und Services für organische Lead-Gewinnung

Nachhaltige Leads entstehen, wenn Interessierte freiwillig mit Ihrer Marke in Kontakt treten, beispielsweise am Point of Sale, auf Ihrer Website, in Ihrem Shop oder bei Veranstaltungen.
Die Herausforderung besteht darin, aus einem einmaligen Kontakt einen Dialog zu machen. Dazu müssen Unternehmen Angebote machen, die den Interessenten einen Mehrwert bieten, bevor diese eine Kaufentscheidung treffen. Dies kann auf verschiedene Weise erfolgen: Eine Stilberatung hilft bei der Produktauswahl, ein Magazin beschäftigt sich mit spannenden Trends, ein Produktkonfigurator erleichtert komplexe Entscheidungen und ein Größenberater nimmt die Unsicherheit beim Online-Kauf. Auch Probepackungen, Testzugänge oder thematische Newsletter, die Entscheidungshilfen und Best Practices rund um die jeweilige Angebotswelt bieten, schaffen Relevanz, ohne Kaufdruck auszuüben. Weitere Möglichkeiten sind Benachrichtigungen bei Produktverfügbarkeiten oder Preisänderungen sowie Wunschlisten und Merkfunktionen, die ein Opt-in ermöglichen. Solche Formate schaffen einen Mehrwert, geben Unternehmen die Möglichkeit, eine dauerhafte Beziehung zu den Nutzenden aufzubauen, und den Nutzenden einen Grund, ihre Daten freiwillig abzugeben.

Für B2B-Kunden bieten sich Whitepapers, Studien, Branchenreports, ROI-Rechner, Konfiguratoren sowie Early Access zu neuen Features oder Beta-Versionen an. Solche Angebote müssen nicht zwangsläufig hinter einem Lead-Formular versteckt werden, wie wir in unserem Blogpost zeigen.

Fazit: Vier konkrete Hebel für nachhaltiges Lead-Wachstum

Erfolgreiche Lead-Generierung ist auch ohne fette Media-Budgets möglich. Erforderlich ist ein echtes Multichannel-Denken, das insbesondere die Möglichkeiten von CRM strategisch einbezieht. Anstatt ausschließlich in externe Kanäle zu investieren, sollten Sie diese vier Hebel konsequent nutzen:

  1. § 7 Abs. 3 UWG ausschöpfen: Machen Sie aus jedem Kauf eine Chance für langfristige Kundenbindung.
  2. Lifecycle-Journeys optimieren: Setzen Sie auf nicht-verkäuferische Kommunikation und respektieren Sie Wiederkauf-Rhythmen.
  3. Opt-In-Verluste reduzieren: Prüfen Sie, ob COI in Ihren Anwendungsfällen eine rechtssichere Alternative zu DOI ist.
  4. Attraktive Angebote auf eigenen Kanälen stärken: Schaffen Sie niedrigschwellige Formate, um ohne Kaufdruck mit Ihren Leads in Kontakt zu bleiben.

Diese Maßnahmen liefern nicht nur mehr Leads, sondern vor allem qualitativ hochwertigere Kontakte – DSGVO-konform, nachhaltig und bereit für eine langfristige Kundenbeziehung.

Sie möchten Ihre Lead-Strategie auf den Prüfstand stellen und die Potenziale Ihrer eigenen Kanäle ausschöpfen? Sprechen Sie uns an – wir decken gemeinsam mit Ihnen auf, an welchen Touchpoints sich nachhaltige Kontakte gewinnen lassen.

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