Website-Tracking mit B2B-Marketing Automation-Tools

Die gesamte User-Journey im Blick: Marketingautomations-Plattformen wie Hubspot, Salesforce Pardot und Adobe Marketo versprechen ein durchgängiges Lead-Tracking und Lead-Qualifizierung. Unter anderem bieten sie Tracking-Snippets und Reports, um im Strom anonymer Website-Besucher diejenigen Firmen zu erkennen, von denen aus Website-Besuche erfolgten.

Getestet: Wie gut identifizieren B2B-Marketing-Automationsplattformen anonyme Websitebesucher mit Vertriebspotenzial?

Seit rund einem Jahr setzen wir uns intensiv mit dem Markt für B2B-Tools zur Websitebesucher-Analyse auseinander. Der Grundgedanke bei diesen Applikationen ist: Anstatt nur den quantitativen Traffic auf einzelnen Seiten zu messen, werden die Seitenaufrufe gebündelt nach Besuchern dargestellt. Und vor allem werden die Besucher identifiziert – wohlgemerkt nur Organisationen und Unternehmen, nicht natürliche Personen, was datenschutzrechtlich ohne explizites Einverständnis problematisch wäre. Damit wird das anonymisierte Besucher-Tracking quasi in eine Liste potenzieller Leads umgewandelt, mit denen Marketing und Vertrieb effizient weiterarbeiten können.

In unserem Test vor einigen Monaten konnten vor allem die Anbieter überzeugen, die den automatisierten Prozess der Rückschlüsselung statischer IP-Adressen auf die „besitzenden" Organisationen via Reverse DNS Lookup über einen aufwändigen manuellen Prozess qualitätssichern. Allein auf Google Analytics basierende maschinelle Tools schnitten dagegen deutlich schlechter ab. Nur: Wozu überhaupt eine zusätzliche kostenpflichtige Software, wenn Anbieter wie Salesforce, Hubspot, Adobe oder Oracle ganzheitliche Lösungen anbieten, mit denen man alle Lead-Quellen im Blick hat? Zeit für einen neuen Test!

Spreu vs. Weizen

Unsere Frage war, ob die in den populären „großen" B2B-Marketingautomations-Plattformen Salesforce Pardot, Hubspot und Adobe Marketo integrierten B2B-Websitebesucher-Tracking-Techniken praxistauglich sind und vergleichbar gute Ergebnisse wie das Standalone-Tool SalesViewer liefern, das in unserem letzten Test die besten Resultate erzielt hatte. Wir haben zu diesem Zweck in einem jeweils zweiwöchigen Praxistest die Erkennungstechnik der drei o. a. Anbieter einem direkten Vergleich mit SalesViewer unterzogen.

Im Test: Hubspot

Bereits auf den ersten Blick fehlt bei Hubspot ein wichtiges Element von SalesViewer: Es gibt kaum Informationen über den Ursprung eines Besuchs. Damit kann der Lead keiner Quelle zugeordnet werden, also zum Beispiel einer Google Ads-Kampagne oder dem ursprünglich verweisenden Link. Das überrascht, da vollständige Lead-Strecken im Zentrum von Content- bzw. Inbound-Marketing stehen. Und während SalesViewer genau zeigt, wie lange ein bestimmter Besucher (bzw. ein Unternehmen) auf welcher Seite geblieben ist, fehlt diese Information bei Hubspot gänzlich. Was bleibt, ist eine allgemeine Liste mit Besuchern und die Zahl der von diesen insgesamt besuchten Seiten. Selbst diese wenigen Details lassen sich nicht per Aufgabenzuweisung an den Vertrieb übernehmen – die Aktivität und Historie des Leads gehen einfach verloren.

Und wie sieht es mit der eigentlichen Lead-Identifizierung aus – wie gut erkennt Hubspot anonyme Website-Besucher? In unseren Tests ermittelt Hubspot nur etwa ein Drittel der Firmen, die SalesViewer identifiziert. Umgekehrt gibt es kein einziges Unternehmen, das nur von Hubspot erkannt wird. Damit ist die Marketing-Plattform deutlich abgeschlagen: Nicht nur gehen dem Hubspot-Anwender viele wertvolle Leads gänzlich verloren, die mangelhafte Aussortierung von Internet-Service-Providern (ISP) verursacht zudem unnötige Zusatzarbeit.

Im Test: Salesforce Pardot

Pardot, die B2B-Marketingautomatisierungs-Lösung von Salesforce, gibt dem Anwender als einzige der drei getesteten Lösungen eine granulare Sicht auf den einzelnen Lead. So lässt sich zum Beispiel problemlos erkennen, welche Seiten wie lange besucht wurden – das macht es dem Vertrieb einfach, identifizierte Firmen weiterzuverfolgen. Wenn da nicht eine Besonderheit wäre: Während man bei Hubspot immerhin den Firmendatensatz weiterverarbeiten kann, ist das bei Pardot nicht möglich, da ein Firmen-Lead erst dann mit der Salesforce CRM-Lösung Sales Cloud synchronisiert werden kann, wenn ihm mindestens ein Kontakt zugeordnet ist. Somit lassen sich die gewonnenen Informationen praktisch nur über Umwege überhaupt an den Vertrieb weitergeben.

Die Idee (bzw. Hoffnung) dahinter ist womöglich, dass sich Besucher freiwillig „ent-anonymisieren", indem sie am Ende ihrer User Journey beispielsweise ein Formular ausfüllen und dann gleich als Kontakt angelegt werden können. Das widerspräche aber einem Grundgedanken der Website-Besucher-Erkennung, nämlich gerade die große Menge an anonymen Besuchern zu erschließen, die zwar durchaus interessiert und damit vertrieblich relevant sind, aber die Website ohne Formularanfrage wieder verlassen.

Noch problematischer ist aber: Bei der Erkennungsrate schneidet Salesforce Pardot sogar noch etwas schlechter ab als Hubspot und findet nicht einmal ein Fünftel der Firmen, die SalesViewer identifizieren kann. Ebenso findet Pardot kein Unternehmen, das SalesViewer nicht erkennt. Detaillierte Infos helfen nicht weiter, wenn sie auf einen Bruchteil der relevanten Besucher begrenzt sind.

Im Test: Adobe Marketo

Marketo von Adobe gibt zunächst ein ähnliches Bild ab wie Hubspot und kann SalesViewer bei der Informationstiefe nicht das Wasser reichen. Details zu den einzelnen Websitebesuchern werden nicht erfasst oder über alle Visits gebündelt angezeigt, sodass die tatsächliche Aktivität der potenziellen Leads nicht wirklich nachvollzogen werden kann. Gerade das wäre aber essenziell für die Leadqualifizierung: Woran hatte der Besucher Interesse? Welche Produktseiten wurden besucht, welche Videos angesehen, welche Blogbeiträge gelesen? Mit einer Angabe wie „3 Besucher haben insgesamt 4 Seiten besucht" ist wenig anzufangen.

Etwas erfreulicher: Bei der eigentlichen Lead-Identifizierung liefert Marketo die besten Ergebnisse der drei großen Plattformen. Rund zwei Drittel der SalesViewer-Treffer erkennt auch Marketo und vereinzelt tauchen Firmen auf, die SalesViewer nicht kennt. Jedenfalls ist der Unterschied in diesem Punkt kein kategorischer. Nervig ist allerdings die schlechte ISP-Filterung: Die für die Lead-Gewinnung wertlosen Internet-Service-Provider werden nur sehr unzureichend aussortiert.

Was bedeuten die Testergebnisse?

Obwohl jedes der drei großen Marketingautomatisierungs-Lösungen im „Binnenvergleich" Stärken und Schwächen hat, ist aus unserer Sicht keine der Lösungen für eine sinnvolle Identifizierung anonymer Website-Besucher geeignet. Ihr großer Vorteil wäre es ja, dass alle Leads und Aktivitäten in einer Plattform integriert sind und somit eine durchgängige Lead-Qualifizierung und die weitere Bearbeitung durch Marketing und Vertrieb nahtlos möglich sind. Nur: Genau das leistet keine der drei Plattformen zufriedenstellend.

  • 1. Website-Besucher identifizieren:
    Die Kernaufgabe löst kein Anbieter so gut wie SalesViewer. Wenn nicht einmal die Hälfte der Treffer erkannt werden, heißt das im Umkehrschluss, dass über 50 % der potenziellen Leads von vornherein verloren gehen.
  • 2. Erkennungsqualität:
    Es gibt viele Analysetools, die Unmengen von Informationen erzeugen, welche bestenfalls „nice-to-have" sind. Unverzichtbar aber sind bei der Lead-Identifizierung Details über das konkrete Interesse eines Besuchs, weil sie die Grundlage für die weitere Vertriebsarbeit sind. Nur Salesforce Pardot kann hier ansatzweise mit SalesViewer mithalten.
  • 3. Handling/Prozess:
    Überraschenderweise legen die getesteten B2B-Plattformen dem Vertrieb mitunter regelrecht Steine in den Weg. Die (oftmals wenigen) erfassten Informationen lassen sich nicht vollständig oder nur mühevoll prozessual weiterverarbeiten – ein erstaunlicher Mangel für Lösungen mit ganzheitlichem Anspruch.

Fazit: Die Erkennungsrate und -qualität sind bei der B2B-Website-Besuchererkennung das Salz in der Suppe. Aktuell zeigen die großen Marketingautomatisierungs-Plattformen in dieser Disziplin grundlegende Mängel, wodurch ein großer Teil des theoretischen Nutzens gerade für den Vertrieb in der Praxis wieder verloren geht. Dies ist um so bedauerlicher, als ihrer klassischen Domäne, der Gewinnung von „Opt-In"-Leads, durch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) engere Grenzen denn je gesetzt wurden. Würden diese Plattformen das große Feld der Identifizierung website-basierter „Nicht-Opt-In"-Leads zuverlässig beackern, könnten sie ihren Anwendern weit mehr Vertriebspotenzial erschließen, als über Lead-Generierungs-Formulare jemals hereinkommt. Wer meint, bei der Ermittlung von Website-Leads auf spezialisierte Lösungen wie SalesViewer, WiredMinds Leadlab oder Leadforensics verzichten zu können, spart deshalb am falschen Ende.

Lesen Sie auch den Test der Standalone-Tools LeadForensics, SalesViewer und Wiredminds: Wie gut erkennen sie B2B-Website-Besucher?

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