Happy Birthday, E-Mail!
4. August 2014Die Publicare E-Mail-Studie 2014
3. September 2014Update zu unserem CSA-Deliverability-Vergleich
3. September 2014
„Deliverability“ ist ein heikles Thema, das insbesondere bei den E-Mail-Plattformanbietern einen empfindlichen Nerv trifft. Das bekamen wir unmittelbar nach der Veröffentlichung unseres CSA-Deliverability-Vergleichs
Zwischendrin fand sich aber auch manch wertschätzende Anmerkung, insbesondere von Anwender- und Experten-Seite, so etwa Karsten Büttner im Xing E-Mail-Marketing Forum:
(…) ich finde es gut, dass die Kollegen das Thema angegangen sind. Und wie das bei Pionieren so ist. Da ist noch nicht alles gut. Aber der Weg ist geebnet und mich würde es freuen, wenn Publicare diese Untersuchung regelmäßig (jährlich?) durchführen würde.
Einige E-Mail-Marketing-Plattformanbieter aktivierten jedoch ihre Anwälte. So quollen am Ende fünf wettbewerbsrechtliche Abmahnungen aus unserem Faxgerät, die unseren Blog-Post beanstandeten.
Wir haben die Darstellungsform des Blog-Posts kurz nach Veröffentlichung – schon bevor die ersten Abmahnungen eintrafen – überarbeitet und dann vor allem die ursprüngliche Ranglistenbewertung entfernt, sodass der auf Basis der geprüften Kriterien und Ergebnisse vergleichende Charakter ins Zentrum rückte. Zudem mussten wir drei handwerkliche Fehler korrigieren, die uns bei den insgesamt 480 Einzelprüfungen unterlaufen waren, und die u. a. in zwei der fünf Abmahnungen moniert worden waren.
Parallel meldeten sich ESPs, die die von uns aufgezeigten Lücken in ihrer Implementierung von Deliverability-Kriterien als konstruktive Kritik begriffen und sich daran machten, ihre Account-Einstellungen und technischen Parameter nachzujustieren. Beispielsweise informierte uns Jens Klüsener, Head of Marketing von Cleverreach, am 14. Mai, dass sein Unternehmen nach Veröffentlichung unseres Blog-Posts die bis dato fehlende DKIM-Funktionalität eingebaut und für alle Kunden aktiviert habe. Zudem sei der List-ID-Headereintrag systemweit implementiert worden. DKIM konnte Cleverreach in einem Zuge für alle Kunden aktivieren, weil ihre E-Mail-Plattform nicht mit kundenspezifischen Link-Domains arbeitet, sodass die Kunden keine individuellen Nameserver-Einträge für DKIM vornehmen mussten.
Ein ESP gab sich jedoch nicht mit den von uns vorgenommenen Anpassungen und Korrekturen zufrieden, sondern wollte den Blog-Post weiterhin komplett vom Netz genommen sehen. Er beantragte daher noch im Februar 2014 eine Einstweilige Verfügung beim Landgericht München I (Az. 33 O 3751/14) und war damit im Rahmen der Eilentscheidung, die ohne mündliche Verhandlung erging, auch zunächst erfolgreich. Deshalb mussten wir unseren Blog-Post vorübergehend vom Netz nehmen. Allerdings legten wir gegen die Entscheidung Widerspruch ein und konnten uns damit nach mündlicher Verhandlung durchsetzen, sodass wir den Blog-Post am 30. April wieder online stellen konnten. Zum wichtigsten Streitpunkt, der Frage, ob insgesamt drei E-Mails pro ESPs hinreichend für einen Vergleich sind, befand das Landgericht in seiner Urteilsbegründung:
(…) ist die stichprobenartige Analyse von drei E-Mails unterschiedlicher Kunden in Bezug auf das Gesamtangebot der getesteten Plattformen durchaus aussagekräftig.
Das Urteil wurde von dem klagenden ESP hingenommen. Er hat das Urteil nicht angefochten und auch keine Hauptsacheklage deswegen erhoben.
Auch die Certified Senders Alliance, der wir in einem weiteren Blog-Post zu unserem CSA-Deliverability-Vergleich eine zu laxe Prüfung der ESPs im Hinblick auf die Einhaltung ihrer Kriterien vorgehalten hatten, reagierte auf unseren Vergleich. In einem Gespräch auf der Frankfurter email-expo beklagten Ivo Ivanov, Director der CSA, und Sascha Wilms aus dem Bereich ISP & Product Development, dass wir den eigentlichen Schwerpunkt ihrer Arbeit nicht gewürdigt hätten: Rund 80 Prozent ihrer Arbeitszeit flössen in das Management von Beschwerden, die von User- oder ISP-Seite eingingen. Dieser Prozess trage wesentlich dazu bei – so die beiden CSA-Vertreter sinngemäß -, die Versender zur Einhaltung der eco-Richtlinien und richtlinienkonformen Deliverability-Einstellungen zu motivieren.
Wir hatten indes nie die Absicht, das Beschwerdemanagement der CSA zu verschweigen. Dieser Punkt war allerdings nicht Gegenstand unseres Vergleichs. Denn die Beschwerden richten sich in der Regel gegen (mutmaßlich) ungerechtfertigte E-Mail-Zusendungen, beispielsweise vor dem Hintergrund fehlender Einwilligungen in den Empfang werblicher Kommunikation. Mit den von uns geprüften technischen Kriterien, die die CSA zur Vorgabe für eine Teilnahme an ihrem Whitelisting-Projekt macht, hat dies allenfalls am Rande zu tun.
Wir freuen uns, mit unserem CSA-Deliverability-Vergleich auch eine weiterführende Debatte um den Nutzwert von Verbandszertifikaten angestoßen zu haben. So diagnostiziert iBusiness-Autor Dominik Grollmann unter dem Titel „Alles nur gelogen? Was Dienstleister-Zertifikate wirklich taugen“ am 19. März:
Die (…) Certified Senders Alliance (…) vergibt zwar auch ‚Zertifikate‘ – tatsächlich unterzeichnen neue Mitglieder jedoch im wesentlichen eine Verpflichtungserklärung. Lediglich eine nicht weiter spezifizierte ’stichprobenartige Prüfung im laufenden Betrieb‘ behält sich der CSA vor und betreibt außerdem einen Beschwerdeausschuss. Von einem echten Zertifizierungsprozess kann also nicht die Rede sein. Der Begriff ‚Zertifikat‘ wird schlicht missbräuchlich verwendet.
Der Grundkonflikt zeigt sich damit, wie so häufig, im Erlösmodell: Finanziell leben Branchenverbände und in ihnen verankerte Gütesiegel zumeist von den oft üppigen Beiträgen, die sie von ihren Mitglieder bzw. Teilnehmern einsammeln. Gehört ein Gütesiegel zum „Mitgliedschaftspaket“ des Verbandes oder kann als kostenpflichtiges Add-on mehr „erkauft“ als erarbeitet werden, besteht insofern die Gefahr, dass es mehr über die finanziellen Möglichkeiten seines Trägers aussagt als über die Qualifikation, die es belegen soll.
Foto: krockenmitte / photocase.com