Unternehmens-Identifikations-Tools im Test
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Heutzutage gehört es zur Standardausrüstung einer Business-Website, Website-Analyse-Werkzeuge wie Google Analytics, Etracker, Webtrekk oder Adobe Analytics einzusetzen. Die Tracking-Tools schaffen die Grundlage, den Erfolg des Content-Marketings zu messen und die Customer Journeys kontinuierlich zu verbessern. Welche Webseiten wie häufig geklickt werden und welche Landing Page besser funktioniert, sind zweifelsohne wichtige Informationen. Doch für Firmen mit B2B-Fokus stehen spezialisierte Tools bereit, die das anonymisierte Besucher-Tracking in ein hoch effektives Mittel zur Lead-Generierung verwandeln.
Es klingt zunächst banal: Bei weitem nicht alle Besucher einer B2B-Website treten im Zuge ihres Besuchs aus der Anonymität heraus – sei es über eine Kontaktanfrage, einen Live-Chat oder ein Newsletter-Abonnement. Stellt man die Menge der täglichen Website-Besucher den durch diese Besuche veranlassten Vertriebsanfragen gegenüber, gehen nur ein Bruchteil „ins Netz“ – in den meisten Fällen weniger als 1 Prozent. Auffällig ist, dass die Verantwortlichen im B2B-Marketing diese geringe Konversionsrate regelmäßig mit Achselzucken quittieren. Sie geben sich mit dem Befund zufrieden, dass der Besucherstrom zu großen Teilen aus „Personas“ besteht, die für den B2B-Vertrieb nicht relevant sind, wie Endverbraucher, die sich beim Googeln „verirrt haben“, wissensdurstige Studenten, Job-Suchende, Konkurrenten, Partner – und nicht zuletzt Mitarbeiter von Bestandskunden, mit denen man ja bereits im Kontakt steht.
Dieselben Marketingverantwortlichen würden allerdings auch folgendes Zahlenspiel für durchaus realistisch – wenn nicht gar zu vorsichtig – halten: Selbst wenn alle vertrieblich nicht relevanten Besucher zusammen stolze 90 Prozent des Web-Traffics produzieren, blieben von 100 Besuchern immerhin noch 10 Kontakte aus Firmen übrig, die mit konkretem Business-Interesse die Web-Präsenz einer B2B-Firma besuchen. In diesen 10 Kontakten verbirgt sich mutmaßlich auch der eine Kontakt, der sich – siehe oben – im Tagesdurchschnitt per Anfrage „zu erkennen“ gibt. Das bedeutet aber im Umkehrschluss: 9 Kontakte (bzw. immer noch 90 Prozent des „echten“ Potenzials) gehen als Vertriebschance verloren – sie entschwinden wieder in der Anonymität des Internet.
Seiten oder Nutzer? Der Perspektivwechsel
Gängige Webanalyse-Tools wie Google Analytics, Etracker, Webtrekk oder Adobe Analytics sind konzeptionell nicht gut darauf vorbereitet, diese verbleibenden 90 Prozent an Vertriebspotenzial zu erschließen. Dies liegt vor allem daran, dass sie allesamt auf die seitenbezogene Website-Analyse („Wie viele Besucher waren wie lange auf welcher Seite?“) spezialisiert sind. Eine besucherbezogene Sicht („Welche Seiten hat ein Besucher wann und wie häufig besucht?“), die für eine umfassende Bewertung des firmenspezifischen Website-„Engagements“ erforderlich ist, ermöglichen sie allenfalls auf umständlichen Wegen. Ein zweites Manko: Die präzise Auflösung der IP-Adressen der Besucher steht bei diesen Werkzeugen häufig schon aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht im Fokus. Denn die IP-Adresse gilt bei natürlichen Personen als Identifikationsmerkmal, dessen Speicherung und Auswertung unter dem Vorbehalt einer datenschutzrechtlichen Einwilligung steht. Außerdem gehen Privatpersonen und kleine Organisationen meist über dynamische, täglich wechselnde IP-Adressen ihrer Internet Service Provider online. Selbst bei vollständiger IP-Adresspeicherung würde das Tracking-Tool immer nur den jeweiligen Internet Service Provider „sehen“, nicht den Konsumenten dahinter.
Von der IP-Adresse über die Netzwerkdomain zum Unternehmen
Für B2B-Firmen stellen sich diese Datenschutz- und Identifizierungsprobleme nicht – oder allenfalls in stark abgemilderter Form. Denn viele der Firmen, die im Zielfokus von B2B-Vertriebsteams liegen, gehen über eigene IP-Einwahladressen ins Internet. Das hat fürs Website-Tracking gleich zwei Vorteile: Da sie als Organisation keine natürliche Person sind, benötigt man von ihnen auf Basis einer Interessenabwägung keine Einwilligung in die Verarbeitung ihrer IP-Adresse und die Speicherung der entsprechenden Besuchsaktivitäten – sofern beim Tracking keine Cookies gesetzt werden. Zum zweiten lässt sich, da die IP-Adresse an die Firma gebunden ist, über einen sogenanntem Reverse DNS Lookup häufig von dieser IP auf die Firmen-Domain rückschließen.
Allerdings gelingt der Rückschluss von der IP-Adresse über die reverse Domain zu einer Organisation mit eindeutiger Firmierung und Adresse erst über einen weiteren Abgleich: Findet sich die Reverse Domain als Homepage-Information in einer Firmendatenbank wie Hoppenstedt, Bisnode, Dun & Bradstreet oder Hoovers oder aber im Unternehmensprofil auf LinkedIn oder Xing, kann dem ursprünglich anonymen Website-Besucher der vollständige Firmenname samt Adressdaten zugeordnet werden. Diese Anreicherung hat aber ihre Tücken: Denn die reverse Domain kann beispielsweise eine „technische“ Firmen-Domain sein, die auf den (internen oder externen) IT-Dienstleister verweist. Oder aber es wird die (Sub-) Domain eines Tochter-, Schwester- oder Mutterunternehmens angezeigt, das den Internet-Zugang zentral bereitstellt.
Welches Tracking liefert die besten Ergebnisse?
Um Fehlzuordnungen bei IP und Unternehmensdaten zu vermeiden, beschäftigen Anbieter „klassischer“ Website-Besuchererkennungs-Tools wie LeadForensics, SalesViewer und WiredMinds Matching-Teams. Diese überprüfen manuell die von ihrer Software vorgeschlagenen Übereinstimmungen zwischen reverse Domain und Firmendatenbank-Eintrag – und korrigieren ihn, wenn weitere Informationen (z. B. der konkrete Einwahlpunkt oder weitere Referrer-Informationen) dies plausibel erscheinen lassen. Dieses Vorgehen ist für die Kunden der Software-Anbieter wirtschaftlich attraktiv. Denn eine einmal bei einem Kunden vorgenommene Zuordnung kommt ab diesem Zeitpunkt allen Kunden zugute. Die Gesamtheit der Kunden teilt sich den hohen Aufwand der manuellen Erstverifikation (und finanziert ihn über die monatlichen mengenabhängigen Software-Gebühren).
Seit einigen Jahren erwächst den „klassischen“ Anbietern, die mit eigenen Tracking-Skripten und kostenpflichtig angebundenen Firmen-Datenbanken arbeiten, neue Konkurrenz: Tools wie Leadberry, Leadboxer, Leadfeeder und Snitcher beziehen die Tracking-Daten über die Google Analytics API – das erspart den hohen Aufwand der Eigenentwicklung eines Trackings. Sie bringen die Google-Daten in eine gleichsam vom Kopf auf die Füße gedrehte Sicht: Wie bei allen B2B-Erkennungs-Tools üblich, werden jetzt alle besuchten Seiten gebündelt pro Besucher angezeigt. Das Matching und die Datenanreicherung der von Google gelieferten IP- und Domain-Informationen erfolgt häufig automatisiert via API-Abfrage gegen die Firmenstammdaten, die Unternehmen auf ihren Profilseiten in Business-Netzwerken wie LinkedIn pflegen. Dieses Verfahren spart Geld, so dass einige der GA-basierten Tools zu den günstigsten Lösungen auf dem Markt gehören. Konzeptbedingt haben sie aber mehrere Nachteile:
- Sie können in der Grunderkennung immer nur so gut sein, wie Google Analytics – und Google ist diesbezüglich keineswegs das Maß der Dinge.
- Die Google Analytics-basierten Tools greifen auf einen anonymisierten Datenstamm zu, denn Google setzt die letzten drei Stellen der IP-Adresse, die zwischen 0 bis 254 liegt, generell auf 0. Im Hinblick auf eine korrekte Erkennung der reverse Domain bildet diese reduzierte Datengenauigkeit ein entscheidendes Manko.
- Zudem birgt das automatisierte Matching auch eine recht hohe Fehleranfälligkeit, die sich negativ auf die Zahl der erkannten Leads auswirkt.
Deshalb hat keiner der so arbeitenden Anbieter in unseren Tests ausreichend überzeugen können. Alle oben genannten Web-Anwendungen hinken den Lösungen mit eigenem Tracking-Snippet und manuellem Matching hinterher.
Verborgenes Potenzial
B2B-Tools zur Unternehmensidentifikation präsentieren gebündelte Website-Besucherinformationen, die bisher in den Tiefen herkömmlicher Analytics-Werkzeuge verstreut waren. Mit der leichteren Zugänglichkeit eröffnen sich neue Wege der Lead-Generierung für das Marketing und den Vertrieb. Wie diese im einzelnen mit dem neugewonnenen Wissen umgehen und wie Workflows aussehen, hängt stark von den Präferenzen und dem genutzten Tool ab. Mit dem verstärkten Aufkommen von Anbietern in diesem Markt und der ständigen Weiterentwicklung der gegebenen Lösungen, stellt die B2B-Unternehmensidentifikation eine vielversprechende Tracking-Alternative dar. Marketer erkennen damit in Zukunft leichter vertriebsrelevante Zielfirmen und verlieren weniger Website-Besucher an die Anonymität des Internets.