Praxistest: E-Mail-Editoren und Newsletter-Builder
7. März 2019Auffallen statt Untergehen
11. April 2019Messenger-Marketing mit WhatsApp & Co.
10. April 2019
Mit dem Newsletter auf der Freundesliste
Für das EHI Retail Institute ermittelten wir 2018 erstmals, wie die 1.000 umsatzstärksten Online-Shops in Deutschland E-Mail-Marketing betreiben. Am Rande unserer empirischen Recherchen waren wir noch einem neuen Trend auf der Spur: Marketing per Messenger. Wir haben alle verfügbaren Messenger-Newsletter abonniert und untersucht, welche Shops diesen Kanal wie nutzen.
WhatsApp, Facebook Messenger, Threema, WeChat und Telegram sind vielen als Chat-Apps bekannt. Seit einiger Zeit nutzen deutsche Online-Shops MessengerApps aber auch für ihr Marketing – bislang allerdings nur WhatsApp. Das erklärt sich vor allem durch die enorme Reichweite des Messenger-Dienstes: Laut dem GfK Crossmedia Visualizer erreichte WhatsApp im April 2018 82,8 Prozent der deutschen Online-Bevölkerung.
Welche Unternehmen nutzen WhatsApp wofür?
Bei einer solchen Reichweite lässt sich vermuten, dass das Geschäft mit WhatsApp-Marketing boomt. Dem ist allerdings noch nicht so, wie unsere Erhebungen zeigen: Unter den 1.000 überprüften E-Commerce-Betreibern nutzen zum aktuellen Zeitpunkt nur 39 (3,9 %) den Messenger für ihr Marketing. Allerdings finden sich darunter auch zehn Online-Shops, die zwar einen WhatsApp Newsletter anbieten, aber gar keine News verschicken. Die verbleibenden 30 Unternehmen setzen sich aus Lifestyle-Marken wie Mode-, Schmuck- und Parfüm-Shops (16 von 30) und Shops zusammen, die Lebens- bzw. Nahrungsergänzungsmitteln verkaufen (5 von 30). Die beiden Branchen-Exoten unter den WhatsApp-Marketern sind der Handels- und Dienstleistungskonzern BayWa und der Soundtechnik-Hersteller Teufel, die hauptsächlich aktuelle Angebote versenden. Die Versandfrequenz reicht von täglichen News (8 Shops), über 2-3 mal die Woche (13 Shops), einmal wöchentlich (2 Shops) zu komplett unregelmäßig (7 Shops).
Optisch sehen sich die Beiträge der analysierten Online-Shops alle ähnlich: Bilder werden kombiniert mit Text, Emojis und Links, da WhatsApp darüber hinaus kaum Strukturierungs- und Formatierungsmöglichkeiten bietet. Es gilt also noch stärker als beim E-Mail-Newsletter mit Inhalten zu überzeugen. Nur ein Shop bediente sich der Möglichkeit, Sprachnachrichten per WhatsApp zu versenden und begrüßt neue Abonnenten mit einer persönlichen Ansprache des Inhabers.
Inhaltlich wird WhatsApp von den Online-Shops vorrangig für die Verbreitung von Angeboten verwendet. 22 der 30 aktiven Shops verschicken ein- bis mehrmals pro Woche Nachrichten zu teils exklusiven Deals, aber auch zu Trends, Neuerscheinungen und Highlights. Unternehmen wie Reishunger und Alnatura versenden zusätzlich regelmäßig neue Rezeptideen mit ihren Produkten. Aufgrund der gestalterischen Einschränkungen und der Gefahr, in der schieren Nachrichtenmasse unterzugehen, handelt es sich hierbei meist nur um Kurzversionen der Rezepte, die sich über den mitgesandten Link abrufen lassen. Der Link bietet den Unternehmen zusätzlich den Vorteil, die Klickrate messen zu können. Die E-Commerce-Firmen, mit denen wir gesprochen haben, berichteten positiv von den Anmelderaten, die schneller stiegen als bei klassischen E-Mail-Newslettern, und der überdurchschnittlichen Konversionsrate.
26 weitere Online-Shops verschicken zwar keine News oder Angebote per WhatsApp, sie nutzen stattdessen den Messenger, als Support- und Service-Kanal für ihre Kunden.
Die WhatsApp-News der analysierten Online-Shops
Im Chat mit Unternehmen und Nutzern
Gewerbetreibende nutzen für ihre WhatsApp-Newsletter die Broadcast-Funktion anstatt der unübersichtlichen und datenschutzrechtlich problematischen WhatsApp-Gruppen. Das hat den Vorteil, dass sich Nutzer nicht gegenseitig Nachrichten schicken, geschweige denn andere Nummern sehen können, und gleichzeitig ein Einzelkontakt zwischen Nutzer und Unternehmen entsteht.
Die einfachste betreiberseitige Umsetzung eines WhatsApp-Newsletters erfolgt über ein simples Smartphone mit WhatsApp und einem Nutzerkonto, das als Unternehmenskontakt fungiert. Über eine Veröffentlichung der Nummer auf der eigenen Website oder einen Button wird die Broadcast-Liste aufgebaut. Broadcast-Nachrichten können direkt in WhatsApp erstellt und verschickt werden. Professioneller und handlicher wird das WhatsApp-Marketing durch externe Dienstleister zur Beitragserstellung und Anmelde-Handling wie z.B. MessengerPeople, whappodo oder atms. Allerdings kann auch die Nutzung der Desktop-Applikation oder WhatsApp Web, der Browser-Version von WhatsApp, den Komfort bei der Erstellung neuer Beiträge erhöhen, da Bilder sowie Texte und Links per Drag & Drop eingefügt und mit einem Klick versandt werden können.
Interessant ist, wie WhatsApp-Versender mit direktem Nutzer-Feedback über WhatsApp umgehen: Der Großteil der getesteten Unternehmen nutzt WhatsApp derzeit ausschließlich als Push-Kanal und beantwortet Kundenanfragen weiterhin nur per E-Mail oder Telefon. Geben Abonnenten per WhatsApp Feedback, erhalten sie eine automatisierte Nachricht, die auf die alternativen Kontaktkanäle verweist. Augenscheinlich haben bislang nur wenige Firmen die erforderlichen Prozesse und Kapazitäten im Community-Management aufgebaut, um ihren Nutzern bidirektional direkten Support per WhatsApp-Chat anzubieten.
Wie erfolgt die Anmeldung zu einem WhatsApp-Newsletter?
Newsletter-Interessenten benötigen ein Smartphone mit installiertem WhatsApp. Die einfachste Methode der Anmeldung erfolgt per QR-Code. Nach dem Scannen wird die Registrierung im geöffneten Chat durch das Versenden des Wortes „Start“ oder der automatisch eingefügten Nachricht abgeschlossen. Weitaus häufiger wird der Newsletter-Versand jedoch nicht per QR-Code initiiert, sondern durch manuelle Eingabe der Rufnummer des Unternehmens und das Absenden der Start-Nachricht. Bei einer bestehenden Verbindung mit der Browser-Version WhatsApp Web kann der Chat auch alternativ durch einen Button auf der Website des Unternehmens direkt beginnen, um das manuelle Abtippen der Nummer zu vermeiden.
Die Abmeldung vom Newsletter funktioniert bei allen Anbietern gleich. Entscheiden sich Nutzer für eine Abonnement-Kündigung, reicht die Nachricht „Stop“. Für die Löschung sämtlicher Daten von den Servern des Unternehmens müssen sie zusätzlich die Nachricht „Alle Daten löschen“ versenden.
Das Für und Wider von WhatsApp-Marketing
Löst WhatsApp demnächst das E-Mail-Marketing ab?
Nein. Trotz der vermeintlich wenigen Nachteile von WhatsApp ist bis auf Weiteres kein Verschiebungseffekt von E-Mail-Marketing zu Messenger-Marketing zu erkennen. Bis auf das Angebot der BayWa verstehen sich alle untersuchten Messenger-Newsletter nur ergänzend zum eigentlichen E-Mail-Newsletter und setzen stark auf kurzfristige Angebote statt auf umfangreichere Informationen. Die Kompaktheit und geringen Gestaltungsmöglichkeiten von WhatsApp schränken das Nutzungsspektrum zudem stark ein. Nichtsdestotrotz ist WhatsApp-Marketing durchaus eine sinnvolle Ergänzung der Multichannel-Marketing-Strategie. Die grundsätzlich einfache Einrichtung und der unkomplizierte, aber dennoch sichere Einwilligungsprozess sorgen zudem dafür, dass Unternehmen diesen Weg der Kommunikation ohne signifikante Hürden erproben können. Hinsichtlich der uns geschilderten guten Konversions- und Anmelderaten gehen wir davon aus, dass diese nicht zuletzt mit dem geringen Angebot zum derzeitigen Zeitpunkt zusammenhängen – auf WhatsApp wird werbetechnisch noch nicht überkommuniziert. So profitieren agile Unternehmen klar von einem frühen Start in diesen Markt. Wie sich die Nutzer verhalten, sobald sich immer mehr Akteure den ehemals rein privaten Nachrichteneingang teilen und sich die Nachrichten wie im E-Mail-Posteingang stauen, wird die Zukunft zeigen.